Der große Tag

19. April 2016, 7:00 Uhr. Die Krankenpfleger kamen pünktlich, um mich in den OP zu bringen. Ich stand als erste für denTag auf dem OP-Plan, so viel wusste ich.

Ich war überrascht, wie entspannt ich war. Überhaupt nicht aufgeregt. Und das ganze ohne irgendwelche „Feel-Good-Pillen“. Auf dem Weg nach unten wurde geflachst, beim „Einchecken“ hatte jemand für mich Morgenmuffel viel zu gute Laune. Bei der Anasthäsie-Schwester nochmal alle Fragen beantwortet. Allergien? Nein. Medikamente? Nein. Panikattacken? Nein. Blutdruck und Puls waren normal. Zugänge wurden gelegt und gerade hatten wir noch gesprochen und dann war alles schwarz….

Es war der Tag meiner Magen-OP, eines Magenbypasses, um genau zu sein. Seit dem 29. Juli 2015 hatte ich darauf hingearbeitet.

Das war der Tag meines ersten Besuches in der Adipositas-Sprechstunde im Krankenhaus Nordwest in Frankfurt am Main. Meine Hausärztin hatte mich dorthin überwiesen, nachdem ich dann endlich mal den Mut hatte, sie wegen meines starken Übergewichts um Hilfe zu bitten. 
Nach über 20 Jahren „moppelig-bis-dick-bis-fett-Sein“ hatte ich die Reißleine gezogen. Letzer Auslöser war wohl eine Gewichtszunahme von 15kg in knapp 4 Monaten, die ich beruflich zwischen London und Frankfurt gependelt war und auch teilweise in London gewohnt hatte. Erst kaum noch Sport, dann gar keiner mehr. An manchen Tagen fast gar nichts gegessen, dann wieder 3-4 Mahlzeiten. Unregelmässiger ging es also gar nicht mehr.

Der Anfang der Reise


Am 29. Juli hatte ich also meinen ersten Beratungstermin in der Adipositas-Sprechstunde und erzählte meine Geschichte. Vom Kampf mit meinem Übergewicht, seitdem ich ca. 14 Jahre alt war. Mal mehr, mal weniger, aber schlank nie.

Nach intensiver Beratung über die verschiedenen Opertionsmöglichkeiten habe ich mich für einen Magenbypass entschieden. Die wohl radikalste Methode. 

Aber mir ging es nicht nur darum, weniger Masse zu mir nehmen zu können, sondern auch, meinen Stoffwechsel wieder in die Gänge zu kriegen, indem mein Körper mir sehr klare Signale gibt, was ihm alles nicht gefällt.

Und dann ging der erste Teil der Reise los: Ärzte abklappern und Gutachten einholen. Die Liste war lang: Psychologe, Orthopäde, Gynäkologe, Hausarzt, die Chirurgin, die mich operieren würde, wenn es denn soweit wäre.

Dazu kam alles an Versuchen zur Gewichtsreduzierung, die ich jemals hinter mir hatte. In einem gut sortierten Haushalt geht ja nichts verloren und so trug ich alles zusammen. Bescheinigungen über Ernährungsberatungskurse, Kochkurse, Teilnahme an Kursen im Fitness-Studio. Alles, was mir einfiel wurde zusammen gesucht. Auch, wenn es schon Jahre her war.

Dann im November hatte ich alles. Am längsten hat übrigens das Gutachten meines Orthopäden gedauert. Das war 3 Zeilen lang. Seitdem WAR er mein Orthopäde. Frechheit sowas!

Nicht zu vergessen, mein persönliches Motivationsschreiben. Da musste ich wirklich die Hosen runterlassen. Nur mal so „weil ich schlank sein will“ ging da nicht. Mit all den Papieren ging ich dann wieder ins Krankenhaus, um überprüfen zu lassen, dass ich auch wirklich an alles gedacht habe.

Ich hatte Horrorstories von den Krankenkassen gehört, wenn da etwas fehlt. Wie man dann kämpfen muss. Das wollte ich vermeiden. 

Nachdem ich aus dem Krankenhaus das ok bekommen und dann auch das letzte Gutachten, nämlich das chirurgische erhalten habe, ging der fette Briefumschlag in die Post. Der war bestimmt 2cm dick. 

In dem Moment, als ich den Brief eingeworfen habe, war mir leicht schlecht, muss ich zugeben. Aber jetzt war es zu spät.

Das MDK


Die erste Reaktion der Krankenkasse dauerte nicht lange und war nicht überraschend. Der Antrag ist zum MDK, dem medizinischen Dienst der Krankenkassen, weitergeleitet worden. 

Und auch dort durfte ich dann im Januar 2016 persönlich hin und meine Geschichte nochmal erzählen. Warum man dort allerdings Termine ausmacht, um die Leute dann im Schnitt eine Stunde warten zu lassen, ist mir ein Rätsel. Der erste Kommentar des prüfenden Arztes war „so einen fundierten Antrag habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen“. Tja, wenn ich etwas mache, dann bitte gründlich. Auf Verhandlungen mit meiner Krankenkasse hatte ich überhaupt keine Lust.  

Wieder wurden Puls und Blutdruck gemessen. Dazu ein paar Beweglichkeitsübungen, um zu schauen, inwieweit mein Skelett schon betroffen ist.
Und dann nochmal die Motivation erklären. Also wieder einen Seelenstriptease hinlegen. Und ständig nahm der Arzt dort Notizen. Ich kam mir schon so wie in einem Verhör vor. Der war total nett, aber es ist dennoch ein komisches Gefühl.

Die ganze Untersuchung dauert ca. 1 Stunde und dann sagte er mir „wenn ich mir das alles so angucke. Wir machen das“. Ich muss sparsam geguckt haben, denn er fügte noch hinzu „Sie dürfen sich freuen“. 

Ich antwortete, dass ich mich innerlich total freuen würde, aber irgendwie glaube ich das erst, wenn ich den Schrieb von der Krankenkasse bei mir zu Hause habe. Er lachte nur und meinte, die Krankenkasse schicke mich ja zu ihm, weil sie selber nicht wissen, was sie machen sollen. Von daher könne da gar nichts mehr passieren. 

Aber so richtig realisiert habe ich es erst, als ich aus dem Gebäude raus war. Ich habe irgendwie im Kreis gegrinst und hinterließ erstmal eine Nachricht bei der Familie zu Hause.

Wie ging es weiter?


Dann ging alles ziemlich schnell. Anfang März kam der Übernahmebescheid der Krankenkasse. Jetzt ging der Puls langsam hoch, endlich ging es los bzw. weiter.

Und wieder stand ein Termin im Krankenhaus Nordwest an. Es ging darum, einen Termin für die Operation auszumachen. Die Chirurgin zückte den OP-Plan und meinte „den 12. April kann ich Ihnen anbieten“. Kurz überlegt und sofort habe ich heftig den Kopf geschüttelt. Mir stand eine dreiwöchige Fastenzeit bevor. Bei aller Liebe, aber ich faste nicht über Ostern! 

Also wurde mein Termin auf den 19. April festgelegt.

Über die Fastenzeit erzähle ich Euch als nächstes.

Und ich freue mich über Feedback, Fragen und Kommentare. 

3 Gedanken zu “Der große Tag

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